Bilder aus Berlin 1989/90…
Der 9. November 1989 markiert mit dem Fall der Mauer, die Deutschland seit 1961 trennte ein epochales Ereignis in der deutschen wie in der Weltgeschichte. Jürgen Pollak war Zeitzeuge des 9. November 1989 in Berlin und hielt die Ereignisse der Nacht in seinen Fotografien fest. Er dokumentierte den raschen Wandel des Stadtbildes mit dem Verschwinden der Mauer in nur einem Jahr, nachdem sie 28 Jahre Stadt und Menschen geprägt hatte.
…und heute
„Eine Stadt verwandelt sich nachts in ihr eigenes, in Pappmaché nachgebautes Bühnenbild, wie in einem Studio.“*
Flirrendes, großstädtisches Nachtleben? Nächtliche Milieustudien? Nein. Auch kein sentimentalisierender Blick auf eine scheinbare Nachtidylle. Dort, wo sonst Geschäftigkeit herrscht, wo Touristenströme die Attraktionen der Hauptstadt erkunden, zeigt Jürgen Pollak eine Stadt, die scheinbar leergefegt zum Stillstand gekommen ist. Eine grell ausgeleuchtete Bühne großstädtischer Selbstinszenierung, die zur Kulisse erstarrt ist. Was sich bei Tag hell und voller pulsierendem Leben zeigt, erscheint auf den Nachtbildern Pollaks modellhaft und verlassen. Mit nüchternem und prosaischem Blick nähert er sich der deutschen Hauptstadt. Seine Bilder legen jene Strukturen frei, die der Mensch mit seiner Architektur, dem „Konglomerat“ Stadt in die Landschaft geschrieben hat. Die vertrauten Straßen und Plätze liegen in einem unwirklichen Licht und wir glauben Orte wiederzuerkennen, die real so nie zu sehen sind. Ihre intensive Beleuchtung setzt sich ab gegen den dunklen Nachthimmel, von dem selbst die letzten Sterne verschwunden sind. Das ist ein neuer Schritt in der Nachtfotografie.“
Dr. Andrea Jahn * zit.n. Brassai, Vom Surrealismus zum Informel (Ausst.kat.: Rupertinum Salzburg 1994, S. 91)